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Angewandter Waldschutz

Waldschutz und Schädlingsbekämpfung sind für eine erfolgreiche und nachhaltige Forstwirtschaft von entscheidender Bedeutung. Die Forschung in diesen Bereichen ist multidimensional und umfasst Biologie, Ökologie, Chemo-Ökologie, Forstwirtschaft und mehr. Die Forstpraktiker fordern schnelle und wirtschaftliche Lösungen, der Naturschutz möchte die Auswirkungen geringhalten, und die Wissenschaft möchte die Kommunikation der Insekten oder die ökologischen Prozesse hinter den Beobachtungen bei Ausbrüchen verstehen. Mit all diesen Aspekten befassen wir uns in unserer Forschung.

Unsere Forschung zielt darauf ab, sowohl die Grundlagen des Verhaltens, der Kommunikation, der Dynamik usw. von Insekten zu verstehen als auch angewandtes Wissen bereitzustellen. Daher führen wir hauptsächlich Feldstudien durch (regelmäßig zusammen mit Kollegen aus der Forstwirtschaft) und ergänzen diese durch Laborstudien und Experimente unter naturnahen Bedingungen in der Umgebung des Instituts.

Derzeit beschäftigen wir uns vor allem mit dem Borkenkäfer an Fichte und Tanne, um insektizidfreie Managementmaßnahmen zur Kontrolle der Populationen zu verbessern, sowie mit der Früherkennung, da ein effektives Monitoring für jedes Populationsmanagement grundlegend ist.

Unser Selbstverständnis ist es, die Studierenden auf möglichst vielen Ebenen in die Forschung einzubeziehen und so Forschung und Lehre eng miteinander zu verbinden.

Aktuelle Projekte

Entwicklung einer Anwendungsstrategie für SPLAT®Verb zum Populationsmanagement des Europäischen Fichtenborkenkäfers (Ips typographus) mit dem Anti-Aggregations-Pheromon Verbenon

Ziel des Verblps-Projekts ist es, die Wirksamkeit des Einsatzes von SPLAT®Verb gegen die Aggregation und den Befall von Ips typographus zu testen. Während der Pheromonspender SPLAT®Verb in den Vereinigten Staaten bereits zur Bekämpfung und Eindämmung verschiedener Borkenkäferarten wie dem Bergkiefernkäfer (Dendroctonus ponderosae) eingesetzt wird, wurde seine Wirksamkeit für den europäischen Fichtenborkenkäfer Ips typographus noch nicht getestet.
SPLAT®Verb ist ein kommerziell hergestellter und umweltfreundlicher Pheromondispenser, der das Anti-Aggregations-Pheromon Verbenon kontrolliert im Feld freisetzt. Verbenon ist ein natürlich vorkommendes Anti-Aggregations-Pheromon, das von einer Vielzahl von Borkenkäferarten, darunter Ips typographus, verwendet wird.
Im Rahmen dieses Projekts soll die Wirksamkeit des Einsatzes von SPLAT®Verb gegen die Aggregation und den Befall von Ips typographus getestet werden. Der Wirkbereich, die Wirkungsdauer und die benötigten Mengen werden ermittelt, der Einsatz zum Flächenschutz untersucht und Anwendungsmöglichkeiten vorgestellt.
Diese Forschung ist ein gemeinsames Projekt des Lehrstuhls für Forstentomologie und Waldschutz und des Lehrstuhls für Ökosystemphysiologie der Universität Freiburg mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA).

 

Borkenkäfer-Geräuschproduktion: Akustik des Europäischen Fichtenborkenkäfers Ips typographus

Passive akustische Techniken können eine ferngesteuerte, nicht invasive, automatisierte Alternative zu herkömmlichen Methoden für den Nachweis und die Überwachung schwer zugänglicher Arten darstellen. In jüngster Zeit wurden zufällige Geräusche, die von Holzbohrern erzeugt werden - wie z. B. die Geräusche, die bei der Nahrungsaufnahme oder bei der Bewegung durch Gänge entstehen - zur Früherkennung einiger Arten in importierten Holzverpackungen eingesetzt. Obwohl der Europäische Fichtenborkenkäfer Ips typographus eine Art von großem wirtschaftlichem Interesse ist, gibt es keine Literatur über seine Nebengeräusche.
Durch eine Reihe von Messungen mit dem Laboroszilloskop haben wir die Leistungsfähigkeit der derzeit verfügbaren akustischen Geräte zur Erkennung von Nebengeräuschen von Ips typographus untersucht. Darüber hinaus haben wir die Nebengeräusche von Larven, Puppen und erwachsenen Ips typographus beschrieben, indem wir Aufnahmen aus befallenen und unbefallenen Stämmen verglichen. Darüber hinaus wurde eine Reihe von Videoaufnahmen von künstlichen Plexiglas-Sandwiches gemacht, die mit larvalen, verpuppten und adulten Ips typographus befallen waren, um akustisch-visuelle Korrelationen zwischen den identifizierten Geräuschen und Bewegungen zu ermöglichen.
Unsere Messungen ergaben große Unterschiede zwischen den verglichenen Aufnahmen hinsichtlich der Empfindlichkeit und des Signal-Rausch-Verhältnisses, was die Bedeutung dieser beiden Parameter bei der Messung eines akustischen Signals mit geringer Amplitude, wie z.B. zufällige Borkenkäferlaute, verdeutlicht. Darüber hinaus stellten wir fest, dass die Laute von Ips typographus durch breitbandige, kurze, unregelmäßige Pulse zwischen 100 Hz und 22 kHz gekennzeichnet sind.
Unsere Ergebnisse können ein nützlicher Ausgangspunkt für künftige Untersuchungen der Akustik von Ips typographus sein und ein gutes Fundament für mögliche Anwendungen akustischer Technologien zur Früherkennung, Überwachung und Bewirtschaftung dieser Art bilden.

Integration der Biodiversität zur Bewertung und Optimierung Holzerntepraktiken

Die Auswirkungen von Holzerntemaschinen auf die Bodenstruktur von Rückegassen sind relativ gut untersucht. Die Bodenverdichtung verändert die bodenphysikalischen Parameter, was zu einer Verringerung der Makroporosität des Bodens und zu einer Beeinträchtigung der Porenkontinuität führt. Dieser Prozess setzt eine Kette von Reaktionen in Gang, die den Gas- und Wasserhaushalt von Rückegassenböden und vermutlich auch ihre Artenzusammensetzung verändern. Der Kenntnisstand über die Auswirkungen des Schwerlastverkehrs auf die biologische Vielfalt lässt jedoch noch keine eindeutige Interpretation und Bewertung zu. Eine kombinierte Analyse von bodenphysikalischen, bodenökologischen und entomologischen Untersuchungen fehlt ebenso wie die Bestimmung der Standorteigenschaften, die die Auswirkungen des Verkehrs auf die Bodenorganismen vermitteln. Ziel unserer Studie ist es, auf der Grundlage dieser Zusammenhänge einen Bewertungsleitfaden für Waldbodenverdichtungen zu entwickeln, wobei mikrobielle, bodenfaunistische und entomologische Untersuchungen im Mittelpunkt dieser Entwicklungsarbeit stehen. Die offene Frage, der wir nachgehen wollen, ist also, wie sich der Grad der Bodenverdichtung auf die Biodiversität der Bodenorganismen auswirkt, wobei wir den Zusammenhang zwischen den abiotischen Indikatoren der Störungsintensität und der Anfälligkeit der biotischen Gemeinschaft für diesen Einfluss untersuchen.

Nahrungsqualität verschiedener Baumarten beim Reifungsfraß von adulten Waldmaikäfern (Melolontha hipposcastani)

Im Oberrheingebiet ergeben sich durch den Klimawandel massive Herausforderungen für die Forstwirtschaft. Neben den Umweltveränderungen durch den Klimawandel wie Dürre und Hitze stellen die dortigen Maikäfer-Populationen eine Dimension dar. Die potenziellen Veränderungen im Baumartenspektrum sollen in Bezug auf das Risiko durch Maikäfer bewertet und in ein Species Distribution Modelling (SDM) als Szenarien eingebunden werden. Dies ergibt sich aufgrund der unterschiedlichen Nahrungsqualität für die Weibchen während ihres Reifungsfraßes an Blättern von Laubbäumen, die sich auf die Eiproduktion und damit auf das Reproduktionspotenzial auswirkt. Dabei sollen die Unterschiede zwischen heimischen und neuen alternativen Baumarten, die als klimastabil erachtet werden, in zwei Wiederholungen experimentell herausgearbeitet werden. Neben den etablierten Baumarten Roteiche, Traubeneiche und Winterlinde werden Flaumeiche, Spitzahorn und die neophytische Spätblühende Traubenkirsche in den Fütterungsexperimenten getestet.

 

Messung der  Geräusche des Ips typographus  mit dem Laboroszilloskop

© Raluca Hedes