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Wirt-Mikrobiom-Interaktionen

Mikroorganismen sind omnipräsent und es existiert kein Organismus, der nicht in irgendeiner Weise mit Mikroorganismen interagiert. Diese Interaktionen sind extrem divers und reichen von parasitaer bis mutualistisch. Vor allem die mit Organismen assozierte Symbionten (Mikrobiom) beeinflussen verschiedenste biologische Aspekte wie Ernährung, Entwicklung, Immunität und sogar Verhalten und sind daher entscheidende Einflussfaktoren darauf, wie Organismen in Zusammenspiel mit ihrer Umwelt evolvieren.

Borkenkäfer gehören zu den artenreichsten, herbivoren Insektengruppen mit einer unvergleichlichen Diversität in Bezug auf Ökologie, Paarungssystem, Verhalten und Wirtspflanzennutzung. Während die Wichtigkeit ihrer Symbiose mit spezifischen Pilzen für die erfolgreiche Besiedelung von Bäumen immer bekannter wird, steckt das Wissen, welche Rollen die diversen anderen Mikroorganismen wie Bakterien und Hefen einnehmen, noch immer in den Kinderschuhen. Das möchten wir mit unserer Forschung ändern.

Einige Forschungsschwerpunkte sind:

  • Die Rolle von Symbionten während der Käferentwicklung
  • Mikrobiom und Sozialität
  • Mikrobiomevolution

 

Aktuelle Projekte

Die Rolle von Symbionten während der Käferentwicklung

Käfer als holometabole Organismen durchlaufen im Laufe ihres Lebens dramatische Entwicklungsveränderungen. Sie schlüpfen aus einem in Pflanzensubstrat gelegtem Ei, entwickeln sich durch eine Larvenphase, die sich durch schnelle Nahrungsaufnahme und Wachstum auszeichnet, durchlaufen während der Verpuppung eine intensive morphologische Modifikation, um sich weiter zu einem adulten Kaefer zu entwickeln, der das Nest verlässt und ein neues Nest gründet.

Wir wollen verstehen, welche Mikroorganismen in den verschiedenen Lebensstadien eine Rolle spielen, woher sie stammen (wurden sie aus der Umwelt aufgenommen oder vertikal von Generation zu Generation weitergegeben) und was sie Vorteile für die Käfer haben. Wir werden versuchen, dies durch eine Kombination aus molekularen Methoden (wer ist praesent und wie verändert sich die Mikrobengemeinschaft unter bestimmten Bedingungen?), Kultivierung (sie „in unseren Händen“ zu haben, gibt uns Möglichkeiten zu detaillierter Charakterisierung) und Experimenten unter sowohl kontrollierten Laborbedingungen als auch unter natürlichen Bedingungen zu studieren.

Mikrobiom und Sozialität

Bei Rüsselkäfern, einschließlich Borkenkäfern, finden wir eine Vielzahl von Sozialsystemen, die von rein solitären (Pflanzen attackierende Rüsselkäfer) über Aggregation (einige Borken- und Ambrosiakäfer) ueber elterliche Fürsorge (alle Borken- und Ambrosiakäfer) bis hin zu alloparentaler Pflege und reproduktiver Arbeitsteilung (einige Ambrosia-Käfer) reichen. Eine Annahme ist, dass die soziale Evolution in einem positiven Feedback mit der Evolution von Pilzzucht (d.h. Management ekto-symbiotischer, mikrobieller Gemeinschaften) steht. Ob dies tatsächlich der Fall ist, muss noch bewiesen werden. Auch von anderen Insektengruppen wird angenommen, dass Sozialverhalten die Symbiose mit Mikroorganismen beeinflusst. Zum Beispiel beeinflussen soziale Interaktionen die Art wie Mikroben von Mutter auf Nachwuchs übertragen werden, was eventuell Auswirkungen auf die Koevolution zwischen dem Wirt und seinen Symbionten hat. Zugang zu unterschiedlichen, sozialen Käfersysteme zu haben, bietet uns die Möglichkeit, potenzielle „soziale“ Rollen von Symbionten in den Systemen zu untersuchen und zu verstehen.

 

Mikrobiomevolution

Organismen passen sich an ihre Umgebung an, was für Borkenkäfer besonders wichtig ist, da sie, um ihr Überleben zu sichern, die Abwehrmechanismen der Bäume überwinden müssen. Mikrobiome können als flexiblere „Erweiterung“ des genetischen Repertoires des Wirts angesehen werden. Im Allgemeinen kann die Fähigkeit der mikrobiellen Gemeinschaft, ihre Zusammensetzung, Genetik oder Genexpressionsmuster als Reaktion auf natürliche Selektion zu ändern, eine schnelle Akklimatisierung und Anpassung des Wirts an Umweltveränderungen forcieren. Dies kann möglicherweise eine Rolle beim Invasionserfolg einiger Borkenkäfer oder für die Populationsdynamik einiger aggressiver Borkenkäferarten spielen, wenn sie von toten zu lebenden Baumwirten wechseln. Daher wollen wir experimentell untersuchen, ob und wie sich Mikrobiome über mehrere Generationen hinweg unter bestimmten Selektionsfaktoren entwickeln und wie sich diese Veränderungen funktionell auf den Wirt auswirken.

 

Pilz-Bakterien Interaktion ©Pamela Baumann

X. saxesenii Puppen und Adulte ©Davide_Vallotto