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Detektion von Nagegeräuchen aus Buchdrucker-Brutbildern

Entwicklung einer  Methode zur akustischen Beobachtung der Brutentwicklung von Buchdruckern (Ips typographus)

 

Hintergrund

Buchdrucker durchleben im Winter eine Quieszenz, also die Reduktion physiologischer Vorgänge als Anpassung an niedrige Temperaturen. Wärmer werdende Winter infolge des Klimawandels können nun dazu führen, dass diese Ruhephase vermindert wird. Eine an wärmeren Wintertagen fortgesetzte Entwicklung würde im Frühjahr bereits zu einem früheren Zeitpunkt ausflugsfertig entwickelte Käfer bedeuten. Wir folgen dabei der Hypothese, dass bei kurzfristig geeigneten Temperaturen (evtl. nur einigen Stunden) die Entwicklung unmittelbar weiter läuft.

Damit erhöht sich das Befallspotential im Vergleich zu vergangenen Jahr(zehnt)en. Versuche zur Überwinterung laufen entweder destruktiv ab (Rinde wird zu einem bestimmten Zeitpunkt abgehoben und Brutentwicklung unterbrochen) oder aber wird unter im kleinen Maßstab in sog. „Sandwich-Versuchen“ durchgeführt (Beobachtung hinter Plexiglas). Eine innovative Möglichkeit, die Entwicklung unter der Rinde „zu beobachten“ ohne destruktiv einzugreifen bzw. die natürlichen Bedingungen stark zu verändern, bilden neuartige Methoden aus dem Forschungsbereich Soundscape Ecology. Hierzu läuft aktuell ein studentisches Studienprojekt zur Aufarbeitung der relevanten Literatur bei der Forstentomologie.

Idee

Mit Hilfe von Substratschall-Sensoren (beispielsweise Piezo-Sensoren; Details sollen im Rahmen des Kleinprojektes geklärt werden) beobachten wir im Versuch, ob wir künstlich angesetzte Käfer unter der Rinde hören können  und wie sich dabei die Aktivitätsmuster unterscheiden (Anlage Rammelkammer, Anlage Muttergänge, Larvenfraß).

Damit ist das Ziel des Projektes, die methodischen Grundlagen für weitere, systematische Experimente zu legen, z.B. in Klimakammern unter verschiedenen Temperaturregimen oder gar im Freiland unter Realbedingungen.

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Zwischenergebnisse

Im Rahmen eines Kooperationsprojektes mit der Abteilung Waldschutz der Forstlichen Versuchsanstalt Baden-Württemberg (FVA) wurde eine Methode entwickelt zur akustischen Beobachtung der Brutentwicklung von Buchdrucker-Bruten in Fichtenrinde. Wir haben uns dabei auf so genannte beiläufige Töne konzentriert: solche Geräusche werde von den Tieren nicht absichtlich produziert, wie bei der Stridulation, sondern sie entstehen beispielsweise beim Fressen oder beim Bewegen durch die Brutgänge.

Die Idee der Überwachung von Insekten in Holz ist nicht neu, sie wird regelmäßig im Zuge von Quarantänemaßnahmen angewendet, beispielsweise zur Überwachung von hölzernem Packmaterial wie Paletten oder Kisten.

Systematische Experimente mit besiedelten und unbesiedelten kurzen Stammabschnitten unter Laborbedingungen zeigten viele Geräusche, die nicht eindeutig den Tieren zuzuordnen waren (Bild links). Deshalb wurden besiedelte Rindenpartien vom Stamm gelöst, zwischen zwei Plexiglas-Platten gespannt und parallel akustisch und optisch beobachtet (Bilder rechts).




Fotos: Raluca Hedes

 

Dieses Video zeigt eine der beobachteten Situationen. Bemerkenswert ist, dass auch die Puppen der Buchdrucker Töne produzieren, die sich mit entsprechender Technik (hochwertiges Accelerometer) erfasst werden können. Weder zur Bedeutung solcher Töne haben wir eine Hypothese, noch sind wir uns sicher, welchen Beobachtereinfluss es bei hierbei gibt: immerhin befindet sich die Puppe im sehr hellen Licht des Mikroskops, normalerweise lebt sie verborgen im Dunkeln in der Rinde.

In der weiteren Forschung sollen nun auch Töne von Käfern und Larven genauer untersucht werden, insbesondere wollen wir versuchen, sie auch in größeren Stammteilen von mehreren Metern Länge zu identifizieren.

Auszug aus Projektbericht

Mit dem Ziel der Entwicklung einer Methode zur Charakterisierung und automatisierten Erfassung von beiläufigen Tönen, d.h. Geräusche ohne unmittelbaren Bezug zu Kommunikation, von Buchdruckern wurden zwei Sensoren zur Messung von Substratschall mit unterschiedlichen technischen Leistungsmerkmalen verwendet. Die Eignung eines sehr hochwertigen Sensors wurde gezeigt, ein einfacherer Sensor reicht für die Erfassung dieser beiläufigen Töne nicht aus. Nach Messreihen unter kontrollierten Laborbedingungen (schalldichter Raum, kurze Stammabschnitte von ca. 50 cm) mit besiedelten und unbesiedelten Stammabschnitten und so genannten Rinden-Sandwiches mit gekoppelten, synchronen Video- und Tonaufzeichnungen können Töne von Larven und Käfern deren Fressverhalten und Bewegungen im Brutgang zugeordnet werden und ebenso rhythmische Tonfolgen, die von Puppen erzeugt werden. Drei verschiedene akustische Indices (ACI, AI, CC) eignen sich zur automatisierten Auswertung. In Folgeuntersuchungen muss nun die Methode weiterentwickelt und Freiland-tauglich gemacht werden.

 

 

 

Finanzierung

MLR Baden-Württemberg/FVA-WS